Wes 21

[CH]

- DAS WERK -

Unity is key

TITEL: Unity is key (Einheit ist der Schlüssel)

Technik: GEMÄLDE MIT PINSEL UND ROLLE

ENTSTEHUNGSJAHR: 2022

STANDORT: Col 31

FLÄCHE: 55 m2

Erklärungen und Analysen der Werke werden im Rahmen von Führungen gegeben. >>> Link zum Anmeldeformular

Le Locle ist eine Grenzstadt. Daher wollte das Exomusée seine Sammlung um ein Werk erweitern, welches die Freundschaft zwischen Frankreich und der Schweiz illustriert und die Annäherung zwischen den Völkern lobt. Das Projekt begeisterte sofort Wes 21, einen jungen, figurativen Maler aus Biel, der sich in der Kunst der Metapher auszeichnet und dessen atemberaubende Virtuosität nicht zuletzt zu seinem wachsenden internationalen Ruhm beigetragen hat.

Das als Träger für dieses Projekt gewählte Gebäude ist eines der letzten auf der Straße, die zur französisch-schweizerischen Grenze führt, nur einen Steinwurf von den einzigartigen Felswänden des Col-des-Roches entfernt, einem schwindelerregenden Felseinschnitt, der den Betrachter einlädt
den Blick in den samtenen Äther eines ständig wechselnden Himmels zu tauchen. Dieser mineralische Ausschnitt überragt einen Tunnel, der täglich rund 25.000 Fahrzeuge schluckt und wieder ausspuckt, darunter viele aus dem benachbarten Frankreich. Die Dichte dieses Pendlerverkehrs zeugt von der Intensität des grenzüberschreitenden Austauschs. Wenn auf Schweizer Seite die Pendlerströme bei manchen Einheimischen das Gefühl der Überflutung hervorrufen können, muss man betonen, dass das benachbarte Frankreich eine Quelle für qualifizierte Arbeitskräfte ist, die für die lokale Wirtschaft unerlässlich sind.

Das von Wes 21 geschaffene Wandgemälde versetzt uns in das Objektiv einer Überwachungskamera mit Nachtsichtgerät. Diese Art von Kameras, die in fast völliger Dunkelheit arbeiten, verstärken das Restlicht und erzeugen so ein grünes Licht. Grün ist die Farbe, von der das menschliche Auge bei schwachem Licht die meisten Nuancen erkennen kann. Diese grünlichen Bilder sind der breiten Öffentlichkeit vor allem aus Kriegs- und Actionfilmen bekannt. An einem neuralgischen Punkt der Grenze entdeckt die Kamera eine verdächtige Aktivität: eine Katze und eine Maus, die sich zusammenschließen, um ein Schloss zu öffnen, zu dem sie auf wundersame Weise einen Schlüssel besitzen. Überrascht, trotz ihrer Tarnung entdeckt worden zu sein, starren die beiden Verbündeten wie gelähmt in die Kamera. Die Nachtsicht der Kamera verdeutlicht das Tapetum lucidum der Tiere (im Französischen auch « heller Teppich » genannt), eine reflektierende Schicht am Augenhintergrund einiger Säugetiere, die eine gute Nachtsicht fördert, indem sie durch Reflexion die Menge an Licht verstärkt, die von der Netzhaut aufgenommen wird. Nachts sind die weißen Augen der Katze ein Echo der Scheinwerfer vorbeifahrender Autos.

Da die grenzüberschreitenden Beziehungen das Thema des Wandbildes sind, kann man sich vorstellen, dass die Katze Frankreich und die Maus die Schweiz symbolisiert, wenn man die Größe der Tiere in Relation zur jeweiligen Fläche der beiden Länder setzt.

Wes 21 nannte sein Werk « Unity is key », zu Deutsch « Einheit ist der Schlüssel », weil er davon überzeugt ist, dass man immer den Schlüssel zu einem Problem findet, wenn man Gegensätze überwindet und komplementär handelt. Wes 21 versucht uns dies mit einem Bild zu verdeutlichen:
Während die Katze nicht genügend fingerfertig ist, um den Schlüssel zwischen ihren Pfoten zu halten, ist das Nagetier dank seiner kleinen Greifglieder dazu in der Lage. Da die Maus zu klein ist, kann sie das Schloss ohne die Hilfe des Katers nicht erreichen. Das Raubtier, das Jean de La Fontaine gelesen hat und auch den Satz « On a souvent besoin d’un plus petit que soi» («man braucht oft einen Kleineren als man selbst»), behält seine Krallen in ihren Scheiden und lässt die Maus auf seinen Kopf klettern, damit er sie dann auf die richtige Höhe hieven kann. Die Tatsache, dass der Schlüssel antik und reich verziert ist, lässt vermuten, dass er Zugang zu etwas Wertvollem verschafft. Für Wes 21 ähnelt der gewölbte Eingang des Eisenbahntunnels, der rechts vom Fresko zu sehen ist, einem Schlüsselloch. Auf etwas unterschwellige Weise trägt diese Formanalogie dazu bei, das Fresko in die Landschaft einzufügen.

Als Vorarbeit malte Wes 21 in seinem Atelier in Biel einen Vorentwurf auf einer kleinen Platte. Danach, bei der Ausführung des Freskos in Le Locle bemühte er sich, die gleichen Gesten wie bei der Erstellung des Vorentwurfs zu reproduzieren. Dabei vergrösserten sich die Amplituden seiner Bewegungen proportional, und er benutzte breite Pinsel, auf Stangen befestigte Rollen und eine Spritzpistole. Das Ergebnis war mehr als überzeugend. Man hat den Eindruck, dass das 55 m2 große Fresko eine Miniatur ist, entstanden durch die Hand eines Riesen. Dank einer sehr dynamischen, rhythmischen und kantigen Gestik enthüllt der Maler die in organischer und anorganischer Materie enthaltene Energie und bringt das eigentliche Wesen des Wahrnehmbaren ans Licht. Eine Geometrisierung der Formen ermöglicht es ihm, die Kraftlinien freizusetzen, welche die Elemente der Komposition strukturieren und hierarchisch ordnen.

Diese Parabel über die französisch-schweizerische Freundschaft mag zwar in ihrer Form an ein Kindermärchen erinnern, doch hintergründig hinterfragt sie die Politiker, welche die Freizügigkeit, die Überwachung der Massen und die hoheitlichen Funktionen des Staates regeln. Das Konzept der Grenze ist je nach geopolitischem Kontext mehrdeutig. Völker, die sich für besser gestellt halten
als ihre Nachbarn, sehen die Grenzen ihres Landes oft als Bollwerke gegen Eindringlinge oder potenzielle Profiteure. Im Gegensatz dazu sind für Völker, die unter dem Joch totalitärer Regime stehen, die Landesgrenzen gleichbedeutend mit Einschließung, Abschottung und Polizeigewalt. Indem wir den Diskurs entpolitisieren und die Grenze aus dem Blickwinkel der Neugierde betrachten, wird sie zu einem Durchgang zum Exotischen, zum Anderen, zu einer Tür die zu etwas Ähnlichem und zugleich Anderem führt. Für einige Glückliche reimt sich « Grenze » auf « Aufbruch in den Urlaub ».

Kamera. Computer. Videoprojektor. Während des kreativen Prozesses benützt Wes 21 alle technologischen Werkzeuge, die ihm zur Verfügung stehen, um seine Meisterwerke zu materialisieren. Im Allgemeinen lässt er sich von verschiedenen ikonografischen Quellen inspirieren. Um den gewünschten Grad an Realismus zu erreichen, fotografiert er in der Regel die Objekte, die er malen möchte. Mit diesem Ansatz hat Wes 21 das perfekte Gleichgewicht zwischen Realismus und bildhafter Materie gefunden. Er erschafft Welten, die er gerne als surrealistisch bezeichnet.

© exomusée – August 2022 – Redaktion: François Balmer – Übersetzung: Wolfgang Carrier

Wes21-Nuit

Col 31

- Der Künstler -

Wes 21

Remo Lienhard, alias WES-21, wurde 1989 in Biel geboren und begann seine künstlerischen Aktivitäten im Jahr 2001. Absolvent des Collège d’art et de design de Bienne, wurde der Künstler zum freischaffenden Illustrator und Designer. Er fertigt großflächige Wandmalereien, Leinwände und 3D-Skulpturen. Er ist eine der Säulen von SCHWARZMALER, einem Kollektiv von außergewöhnlichen Künstlern und Illustratoren von internationalem Ruf. Seine detaillierten Werke sind per se zweifellos verblüffend. Remo arbeitet ständig daran, seine einzigartige Bildsprache weiterzuentwickeln.

> Link zur Website von Wes 21

PRINT

Um den Inhalt der Seite auszudrucken, klicken Sie bitte auf das Druckersymbol.

- Das exo -​

im Netz

Folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und YouTube! Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung!