Peeta

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- DAS WERK -

Anamorphosis

TITEL: Anamorphosis

TECHNIK: Pinsel- und Sprühmalerei

ENTSTEHUNGSJAHR: 2023

STANDORT: Rue du Marais 5

FLÄCHE: 350 m2

Dieses Wandgemälde von Peeta, das zwei Fassaden der Rue du Marais Nr. 5 verkleidet, ist eine Anamorphose, d. h. ein verzerrtes Bild, das aus einem bestimmten Winkel betrachtet werden soll. Der ideale Ort, um dieses Werk zu bewundern, befindet sich etwa 50 Meter vom Gebäude entfernt vor der Nummer 66 der Rue Girardet und ist durch einen gelben Kreis auf dem Boden markiert. Von diesem Aussichtspunkt aus ist die optische Täuschung perfekt und die vom Künstler gemalten Formen tauchen aus den Wänden auf. Die Fenster werden zu Flächen von Parallelepipeden, die in der Luft hängen. Die Illusion, dreidimensionale Formen vor sich zu haben, ist besonders verblüffend, wenn die Lichtintensität auf beiden Fassaden im Wesentlichen gleich ist, wenn die Sonne im Südwesten des Gebäudes steht (im Sommer gegen 13 Uhr) oder wenn der Himmel bewölkt ist und das Sonnenlicht diffus ist. Dann verschwindet die Nord- ostecke des Gebäudes wie von Zauberhand.

Um perfekte Anamorphosen zu erstellen, greift Peeta auf die Photogrammetrie zurück. Die Photogrammetrie ist eine Technik zur Digitalisierung der Realität. Dabei werden dreidimensionale Modelle von physischen Objekten aus einfachen Fotografien dieser Objekte erstellt. Im Rahmen der Gestaltung dieses Wandbildes kam Peeta ein erstes Mal nach Le Locle, um zahlreiche Fotos des Gebäudes aus verschiedenen Blickwinkeln zu machen. Nach seiner Rückkehr in sein Atelier in Campolongo Maggiore bei Venedig importierte er die Fotos in eine Photogrammetrie-Software, die mithilfe komplexer Algorithmen alle Fotos kombinierte, um die Abmessungen des Gebäudes zu berechnen und ein dreidimensionales Modell (in 3D) zu erstellen.

Um 3D-Formen realistisch zu simulieren, gibt es nichts Besseres als Farbabstufungen. Die einfachste und schnellste Art, riesige Farbabstufungen zu malen, ist das Besprühen der Fassaden mit Farbe, anstatt Pinsel zu verwenden. Dazu benutzt der Künstler etwa 20 Spritzpistolen, die jeweils einen Tank mit einem Liter einer bestimmten Farbe haben. Dieses Verfahren ist schneller, billiger und umweltfreundlicher als die Verwendung von Spraydosen.

Dank seines großen Talents und einer gehörigen Portion Muskelschmalz gelang es Peeta, ein Gebäude ohne besondere architektonische Qualitäten in ein außergewöhnliches Kunstwerk zu verwandeln. Allein diese monumentale Leistung zeigt, wie sehr das Exomuseum die Wahrnehmung der Menschen von der Muttergemeinde der Neuenburger Berge verändert hat. Denn trotz ihrer zahlreichen Vorzüge und der Tatsache, dass sie wegen ihres architektonischen Erbes, das aus der Uhrenindustrie hervorgegangen ist, zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, wurde die charmante Kleinstadt oft als unattraktiv dargestellt. Seitdem die Stadt zu einer Hochburg der urbanen Kunst geworden ist, sind diese unbegründeten Kritiken verstummt.

Natürlich kann man die Attraktivität einer Stadt nicht an einer Touristenattraktion messen. Aber die vielen positiven Medienberichte tragen dazu bei, das Image der Stadt zu verbessern. Und es stimmt, dass jedes Jahr Tausende von Touristen nach dem Besuch des Exomuseums (und der drei anderen Museen der Stadt) mit Sternen in den Augen Le Locle verlassen. Einige Besucher haben uns erzählt, dass sie Le Locle nach dem Besuch des Exomuseums nie wieder auf dieselbe Weise sehen würden. Das freut natürlich Peeta, dessen Aufgabe darin besteht, die Art und Weise, wie wir die Realität wahrnehmen, zu hinterfragen.

© exomusée – September 2023 – Redaktion: François Balmer – Übersetzung: Wolfgang Carrier

Rue du Marais 5

- DER KÜNSTLER -

Peeta

(Quelle: Website des Künstlers)

Manuel Di Rita, auch bekannt als Peeta, ist ein Graffitikünstler, der seit 1993 in Venedig lebt. Er ist Mitglied der EAD-Crew (Padua, Italien) sowie der FX- und RWK-Crews (New York City) und hat im Laufe der Jahre an Festivals und Kunstausstellungen in der ganzen Welt teilgenommen. In seiner Arbeit erforscht er das Potenzial der skulpturalen Schrift und des Anamorphismus, sowohl in der Malerei als auch in der Bildhauerei.

In meinen malerischen, skulpturalen und wandbildnerischen Kompositionen verhalten sich die von mir entworfenen geometrischen Formen so, wie sie mit der Umgebung interagieren. Insbesondere bei der Wandmalerei ist es mein Ziel, einen Dialog mit den strukturellen und kulturellen Parametern des umgebenden Kontextes, ob architektonisch oder nicht, herzustellen.

Ursprünglich haben meine Arbeiten nur die skulpturale Qualität einzelner Buchstaben realisiert, nämlich derjenigen, die meinen eigenen Namen, Peeta, darstellen. Nach und nach hat die Verschmelzung von traditioneller Schrift und dreidimensionalem Stil eine einzigartige Art von visuellem Rhythmus entstehen lassen. Heute gestalte ich mit meinen anamorphotischen Arbeiten die Volumina jeder Oberfläche neu und bewirke mit meinen Bildern eine « temporäre Unterbrechung der Normalität », indem ich die Wahrnehmung vertrauter Kontexte verändere und so ein anderes Verständnis von Räumen und damit der Realität insgesamt wecke.

Metaphorisch ausgedrückt, möchte ich Vorurteile aufheben und neue Perspektiven aufzeigen. Der Anamorphismus verkörpert ganz und gar die Absicht, die in meiner Produktion immer im Mittelpunkt steht, nämlich die Täuschung der menschlichen Wahrnehmung, den Irrtum enger und fester Sichtweisen durch visuelle Tricks aufzudecken, die, ausgehend von dem Versuch, einer bildlichen Darstellung einen dreidimensionalen Anschein zu verleihen, letztlich ihren Willen zur Täuschung offenbaren.

Durch meine Hinwendung zur anamorphotischen Malerei transformiere ich meine traditionellen Formen, um sie mit den Standardmodulen der architektonischen Strukturen spielen zu lassen, wobei sie sich oft von unregelmäßigen und glatten in geometrische Körper verwandeln.

Die Rolle der Skulptur, die ständig parallel zu meiner Wandmalerei und Malerei läuft, wird für meine Gesamtproduktion wesentlich, da sie für mich einen direkten Kontakt mit der Dreidimensionalität darstellt, um die Regeln von Licht und Schatten zu verstehen und sie zu reproduzieren.

> Link auf Peetas Website

© exomusée – Januar 2022 – Redaktion: François Balmer – Übersetzung: Proverb, Heiler & Co
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