OakOak

[FR]

- DIE WERKE -

URBANE SPÄSSE

TITEL: Facéties urbaines [URBANE SPÄSSE]

TECHNIK: SCHABLONENTECHNIK / SPRAY

ENTSTEHUNGSJAHR: 2021

STANDORT: SIEHE KARTE UNTEN

FLÄCHE: N/A

En retard [Ich komm’ zu spät!] (Weisses Kaninchen)
An einer grauen Mauer befestigt, verbrachte eine kleine Kette die meiste Zeit damit, schlaff im Wind zu baumeln und darauf zu warten, eines Tages verbraucht und verrostet wie Millionen anderer Ketten auf der Müllhalde zu landen. Nichts ahnend von dem fabelhaften Schicksal, das sie erwartete, begnügte sie sich damit, dass tagtäglich ein paar vertraute Hände über sie strichen – die Hände der Arbeiter, die sich ihrer bedienten, um die Tür zu ihrer Werkstatt offen zu halten.

Eines schönen Herbsttages, als die Werkstatt geschlossen war und die kleine Kette zum Knirschen ihrer Ringe vor sich hin döste, wurde sie brüsk aus ihrem Dämmerschlaf gerissen, umklammert von einer unbekannten Hand, die stark nach Sprühfarbe roch. Diese Begegnung sollte ihrem Schicksal eine ungeahnte Wendung geben. Denn wer dachte, dass diese kleine, nicht sehr kräftige, banale Kette mitnichten dazu prädestiniert war, Teil eines Kunstwerks zu werden, der hatte nicht mit dem schalkhaften Gemüt von OakOak gerechnet! Ein paar Minuten später erkannte sie sich selbst nicht wieder, war sie doch zur Kette einer Taschenuhr bzw. einer «montre à gousset» geworden, wobei «gousset» der französische Name für die kleine Westentasche ist, in der diese Art Uhr verstaut wurde.

Allerdings war sie nicht Teil irgendeiner Taschenuhr, nein, sondern der Uhr des weissen Kaninchens aus Alice im Wunderland, dem berühmten psychedelischen Märchen von Lewis Carroll (Pseudonym von Charles Lutwidge Dodgson) aus dem Jahr 1865. Dieses als Dandy gekleidete, unter enormem Zeitdruck stehende Kaninchen tritt im ersten Kapitel der Geschichte auf. Die junge Alice läuft dem Tier hinterher, das hastig weghoppelt und dabei ständig «Ich komm’ zu spät, ich komme viel zu spät!» ruft. Dabei fällt Alice in den Kaninchenbau und wird ins Wunderland befördert. Das Bild des Kaninchens ist direkt an eine Zeichnung von Sir John Tenniel (1820-1914) angelehnt, einer der bedeutendsten Illustratoren des viktorianischen Zeitalters.
Les fleurs sont périssables [Blumen welken]
La jalousie et la possessivité ne sont pas l’apanage des vivants. Si les fantômes s’accommodent mal de la solitude, les fantômes amoureux vivent particulièrement mal leur mort. Ils souffrent le martyre en voyant l’être chéri refaire sa vie avec une nouvelle conquête. Spooky Louis, le petit fantôme qui hante la rue de la Gare pourrait vous en parler des heures. «J’ai longtemps crié Aline, Aline, pour qu’elle revienne. Mais là, c’est bon, j’ai tourné la page!» a-t-il confié aux habitants du quartier, soulagés de ne plus l’entendre hululer de chagrin. Depuis le mois d’octobre 2021, il se prend pour Don Juan et dilapide ses maigres économies chez le fleuriste du quartier. Jour et nuit, il se tient là, immobile, un bouquet à la main, dans l’espoir de s’attirer les faveurs d’une passante férue de spiritisme. Les fantômes n’ont pas la notion du temps qui passe. Ils ne connaissent que le temps qui ne passe pas. Ainsi, notre bonhomme de fantôme ne comprend pas pourquoi ses fleurs se fanent si vite.
OakOak
Sisyphe loclois [Der Sisyphus von Le Locle]
OakOak hat den Mythos von Sisyphus auf seine ganz eigene Weise interpretiert und an den Arbeiterkontext von Le Locle angepasst. Er hat den Felsen durch ein riesiges Zahnrad ersetzt und erinnert damit an die Technisierung und Industrialisierung, die unsere Lebensweise, unser Know-how und unser alltägliches Leben so tiefgreifend verändert haben – und dies zuungunsten der Handwerkskunst, die aus Marketingsicht jedoch ein zentraler Wert der Uhrenunternehmen ist. Der von Pierre Béarn im Jahr 1968 geprägte Ausdruck «Métro, boulot, dodo», zu Deutsch etwa «Pendeln, Arbeiten, Schlafen», entstammt einem Vers, den er 1951 geschrieben hatte. Der Ausdruck, der den Rhythmus des Alltags der Pariser bzw. ganz allgemein der städtischen Bevölkerung abbilden soll, steht für einen sich immer wiederholenden, beschwerlichen, stumpfen Kreislauf.

Dieses Werk kann positiv interpretiert werden, lässt man den Mythos von Sisyphus einmal beiseite. Dieses Bild einer schwarzen, gegen ein imposantes Zahnrad gestemmten Silhouette an der schräg abfallenden Einfahrt einer Tiefgarage, die wie eine moderne Höhle wirkt, erinnert an den Menschen in seinem Streben nach Fortschritt und an all die Anstrengungen, die er unternimmt, um sich aus dem, was die Anhänger des Fortschritts das «dunkle Zeitalter» nennen würden, zu befreien, indem er das Rad und das Zahnrad erfindet und all die anderen Erfindungen macht, die seine Arbeit weniger beschwerlich machen.
Or jaune pâle [Blassgelbes Gold}
Die Schweiz ist für ihren Käse berühmt. Die Herstellung auserlesener Käselaibe mit schön gebürsteter Rinde ist eine echte Kunst! Als OakOak in einer an das Kunstmuseum von Le Locle, das Musée des Beaux-arts du Locle (MBAL), grenzenden Sackgasse einen seltsamen, mit durchlöcherten Brettern verschlossenen Hohlraum entdeckte, konnte er nicht wissen, dass er einem gut gehüteten Geheimnis auf die Spur gekommen war: In den Kellerräumen des altehrwürdigen Museums verstecken sich Berge von Emmentaler Käse von höchster Qualität!
© exomusée – Januar 2022 – Redaktion: François Balmer – Übersetzung: Proverb, Heiler & Co

STANDORT

- DER KÜNSTLER -

OakOak

Dieser Street-Art-Künstler aus Saint-Étienne (FR) hat sich mit seiner Zweckentfremdung urbaner Elemente zur Schaffung Hunderter, «unbefugt» in den Städten angebrachter Graffitis über die Grenzen Frankreichs hinaus einen unumstösslichen Ruf als Spassvogel erarbeitet.
© exomusée – Januar 2022 – Redaktion: François Balmer – Übersetzung: Proverb, Heiler & Co
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