Mona Caron

[CH]

- DAS WERK -

GELBER ENZIAN

TITEL: GRANDE GENTIANE (GELBER ENZIAN)

Technik: MALEREI MIT PINSEL UND FARBROLLER

ENTSTEHUNGSJAHR: 2021

STANDORT: Rue Georges-favre 4

FLÄCHE: 250 m2

In der Rue Georges-Favre Nummer 4 hat die Tessiner Künstlerin Mona Caron ein Fresko zu Ehren des Gelben Enzians (Gentiana lutea) geschaffen, der Pflanze, die sinnbildlich für die Flora der Neuenburger Berge steht. Der im Volksmund auch als «Fée d’or» bezeichnete und für seine Heilkräfte bekannte Enzian hat viele Künstler des beginnenden 20. Jahrhunderts inspiriert. Er findet sich in zahlreichen für den style sapin, einer regionalen Strömung des Jugendstils, typischen Werken. Diese krautige Pflanze ist den Uhrmachern von grossem Nutzen: Sie verwenden das Holz ihrer Stängel, um Uhren der «Haute Horlogerie» von Hand zu polieren. Eine alte Weisheit lautet: «Je höher der Enzian, desto höher auch der Schnee».

Die in San Francisco lebende Neo-Wandmalerin Mona Caron, die weltweit für ihre mit Pinsel und Farbrolle geschaffenen Fresken gigantischer «Unkräuter» bekannt ist, schildert uns ihre Sicht auf diese Pflanze, die den Bewohnern des Neuenburger Juras so lieb und teuer ist:

«Hier im Hochgebirge des Jura bedeckt der Enzian die hügeligen Wiesen. Die Stängel des Enzians, die sich wie kleine Fahnenmäste über dem Boden erheben, zeigen an, wo man nach seinen bitteren, magischen und sehr beliebten Wurzeln graben kann, die hier, in der Heimat des Absinth, Grundzutat vieler Wermute, Liköre, Schnäpse, Sirupe und Tinkturen sind. Bittere Geschmacksrichtungen sind verloren gegangen, obwohl der Bittergeschmack köstlich und heilsam ist. Die Sucht nach Süssem hat dazu geführt, dass uns weniger süsse Dinge nicht mehr schmecken und viele Menschen ungesund leben. Deshalb schenke ich den Menschen diese Wildblume mit bitteren Wurzeln – ein auf den Feldern wachsendes Unkraut – als Metapher für die Widerstandsfähigkeit und die Kraft, die wir daraus schöpfen, wenn wir etwas wagen, vor dem wir uns fürchten, etwas, das vielleicht unbequem neu, in Wirklichkeit jedoch ganz alt ist.»

Für Mona symbolisiert der Enzian Freude und Gesundheit zugleich. Zwei Begriffe, die nach Meinung der Künstlerin eng miteinander verbunden sind. «Folgen Sie dem Leuchtfeuer der goldenen Blüten!», erklärt die Künstlerin sinnbildlich, als sie über die Heilkraft des Enzians spricht. Dann hebt sie ihr Glas: «Prost!». Mit seinem schlanken, hohen Wuchs eignete sich die «Fée d’or» ideal dafür, auf dieser Hochhauswand eine Komposition zu schaffen, die die Vertikalität des Gebäudes voll ausnutzt. Das Fresko soll einem tristen, grauen Mehrfamilienhaus ein wenig Leben und Farbe verleihen. Ein bisschen erinnert das rasend schnelle Wachstum dieses pflanzlichen Riesen (25 Meter in 2 Wochen ist recht schnell, oder?) an das Volksmärchen Hans und die Bohnenranke (Jack and the Beanstalk). Ganz wie der junge Hans, der mutige, opportunistische Held, nutzen auch Wildpflanzen auf ihre ganz eigene Weise die Möglichkeiten, die das Leben bietet, indem sie etwa versuchen, in den städtischen Raum vorzudringen – auf die Gefahr hin, unter einer kalten Dusche Unkrautvernichter zu verwelken oder unter den unerbittlichen Schlägen einer Hacke zu verenden.

Mit seinen Massen ist dieses Fresko (zum Zeitpunkt seiner Fertigstellung im Juli 2021) das grösste von Mona Caron in Europa geschaffene Werk.

Aus ökologischen Gründen und im Sinne einer möglichst langen Haltbarkeit des Werks hat die Künstlerin qualitativ hochwertige, mit natürlichen Pigmenten hergestellte Mineralfarbe der Marke Keim verwendet. Vom Konzept des Exomusée ebenso begeistert wie von Mona Carons Arbeit, hat sich dieses Schweizerische Unternehmen spontan entschlossen, die Farbe grosszügigerweise unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Tausend Dank!

> Link zur Website von Mona Caron
© exomusée – Januar 2022 – Redaktion: François Balmer – Übersetzung: Proverb, Heiler & Co

Rue Georges-favre 4

- DIE KÜNSTLERIN -

Mona Caron

In der wilden, grünen Region des Centovalli im Tessin geboren, verdankt Mona Caron ihre Liebe zur Botanik der Naturlandschaft, in der sie aufgewachsen ist, aber auch dem Wissen, das ihr ihre Mutter und ihre Grossmutter vermittelt haben. Die Leidenschaft für Pflanzen liegt in der Familie, war ihr Grossvater doch bereits botanischer Illustrator. Eher zufällig – und nicht aufgrund irgendeiner künstlerischen Verbundenheit – entwickelt Mona denselben Malstil wie ihr Grossvater, zu dem sie nie ein enges Verhältnis hatte. Ist der Stil auch derselbe, hat es Mona jedoch meisterhaft verstanden, ihm an mehrere Hundert Quadratmeter grossen Wänden noch einmal eine ganz andere Dimension zu verleihen. Mona Caron hat kurzzeitig englische Literatur an der Universität Zürich studiert, bevor sie nach San Francisco zog. Hier besuchte sie die Academy of Art University, wo sie ihren Bachelor in Bildender Kunst (BFA) – mit Auszeichnung im Fach Illustration – machte. In dem Bestreben, ihre Kunst in der ganzen Welt bekannt zu machen, hielt sich Mona Caron in vielen verschiedenen Ländern auf, doch San Francisco ist und bleibt ihr Heimathafen.

Die ersten zehn Jahre, die Mona mit der Wandmalerei verbrachte, waren geprägt von narrativen, ganz auf den Standort abgestimmten und detaillierten Wandbildern, in deren Schaffung die Gemeinschaft einbezogen wurde und die die vergangenen, gegenwärtigen und künftigen Vorstellungen von ihrem Quartier mittels eines partizipativen und äusserst durchlässigen Prozesses abbildeten, der als Teil des Kunstwerks betrachtet wird. Dieser Prozess, der in dem mit einem Emmy Award ausgezeichneten Dokumentarfilm «A Brush With the Tenderloin» gezeigt wird, war Basis der meisten von Mona in San Francisco realisierten Arbeiten.

Im Rahmen ihres Projekts «WEEDS» (Unkraut) und ihres «Artivismus», konzentriert sich ihre Arbeit in den letzten zehn Jahren auf die Schaffung von Wandbildern, die den Charakteristika jeder Gemeinschaft und jedes im öffentlichen Raum befindlichen Ortes Rechnung tragen. Die Künstlerin, die Wände als «geopoetische» Räume betrachtet, hat in den Vereinigten Staaten, in Europa, in Südamerika und in Asien teils riesige Fresken geschaffen. Mittels Verbindung von Malerei und Fotografie erstellt sie im Rahmen ihres Projekts «WEEDS» ausserdem Stop-Motion-Animationen und kurze Videos.

Manchmal nimmt Mona auch wieder narrative Elemente in Form emotionaler/traumähnlicher surrealistischer Visionen in ihre poetischen, floralen Metaphern auf, wie jüngere Werke wie etwa «Outgrowing» in Taiwan oder ihre Gemeinschaftsprojekte «EMER(GENTES)» und «Mujeres Custodias» zeigen. Als Mitgestalterin von Visuals für Strassenaktionen und Sensibiliserungsmassnahmen unterstützt sie verschiedene soziale Bewegungen und Umweltbewegungen.

Sich gen Himmel streckend, sind die riesigen, im städtischen Raum bisweilen recht fremdartig anmutenden Pflanzen von Mona Caron Symbole des Widerstands, aber auch der Hoffnung.

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© exomusée – Januar 2022 – Redaktion: François Balmer – Übersetzung: Proverb, Heiler & Co
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